Alles Intense – Ausflug in die Pain Matrix

Ich bin hier auf Feldforschung im Land der Gefühle. Das ist ein persönlicher Tagebucheintrag. Oder war es einst.


Fick diese Gefühle. Pardon me. Meine Therapeutin nennt es eine sehr intensive Bandbreite und Intensität an Gefühlen, mit denen ich lernen kann umzugehen. Es ist also Land im Sicht. Mein Therapeut geht eher klinisch an die Sache heran und ordnet mich in das Spektrum der Borderline Persönlichkeitsstörung ein. Er sagt ich werde immer struggeln, vielleicht nur gekonnter. (Der glaubt aber auch nicht an Jezuz, also pardon him). Vergangene Liebhaber würden es als eine Karussellfahrt bezeichnen, mit den intensivsten Hochs aber auch den zermetzelnden Tiefs. Eine Nähe so nah, wie man sie selten erlebt. Weil in meiner Realität schmilzt alles ineinander, es ist basically ein großes Chaos. Keine Räume, keine Türen und schon gar keine Grenzen. Ich kann mich an deine Seele schmiegen, als seist du ein Teil von mir und das beim ersten Mal wo wir uns begegnen (in dieser Realität). No Separation und du musst nichtmal eine 
Pappe essen oder sonst derartiges.  

M. mein einizger Ex-Freund (officially speaking/drei Monate) erzählte mir neulich, er hat nie wieder so etwas erlebt. Es war wie ein langer Pilztrip in einer Blase fern jeder Wirklichkeit. Ja, ist ganz geil diese Erinnerung. Wie Drogen, für einen langanhaltenden Moment, ohne Drogen. So ist das bevor ich in den Zerstörer Modus komme und alles auseinandernehme, was mir zu nahe kommt, oder bereits davonlaufe bevor dieser Schritt eintreffen kann. Meine Art mich zu schützen, meow, wie ein Tigerbaby – fern der Romantisierung trifft die Wildschwein Mutter es eher. 

M. hatte also einen langanhaltenden Pilztrip, an den er immer zurückdenken wird. Brauchte dafür nach drei Monaten ganze zwei bis drei Jahre, um wieder auf andere Universen klarzukommen. Als ich neulich begriff, wie gestört ich eigentlich bin, rief ich an, um mich zu entschuldigen. Wir verbrachten acht Stunden bei FaceTime und er sagte, er bereut es nicht. Was mir gut tat und dabei half, mich nicht so abzuhaten. Mein süßer Knicks in der Psyche hat auch seine schönen Attribute. Thx M. Garnicht einfach das immer so zu sehen. Momente der Selbstliebe hin oder her. Früher dachte ich nur, ich fühle einfach intensiver, weil die anderen abgeschnitten sind. Ich wollte nicht annehmen, dass die Intensität meiner Gefühle eine Last sein kann. In der westlichen Medizin gar eine Krankheit. Da glaubte ich lieber ich sei von den Engeln geschickt und verdrängte die andere Seite der Medaille. 

Da wo ich gerade bin, klammere ich mich an den Schmerz, als sei er ein Genuss. Das was man kennt ist eben bequem. Dabei hatte ich gerade vor einigen Wochen wieder Mal den Absprung in die Pleasure Matrix geschafft. Der Trigger war groß, meine Band hat mich am Montag gekündigt. Im Gruppenchat, einfach so. Und Bums da bin ich wieder mit dem Messer im Herzen, dass da gefühlt schon drinsteckt seit ich ein kleines Kind bin. Also nicht "ein" Schmerz, (keine Türen und Fenster), all der Schmerz der Welt, zusammengeschmolzen in meiner Brust. Und vor allem jede Ablehnung, die ich jemals erfuhr aneinander gereit, wie ein kilometerlanges Sandwich oder ein in den Himmel ragender Baumkuchen. Ich glaube es ist schwierig sich das vorzustellen für den manch anderen, für den ein oder anderen wird es Alltag sein (Hi Bpd Friend). 

Manchmal reichen schon kleine Trigger. Zum Beispiel, wenn ich dir etwas erzähle und du siehst auf dein Handy, statt mir deine volle Aufmerksamkeit zu schenken. Auf einmal macht sich dieses Gefühl kompletter Hilflosigkeit in mir breit. Mein Herz zieht, als wäre es offen und auf die brutalste Weise aufgeschlitzt, ich kriege schwer Luft und zwar vom Trigger-Zeitpunkt manchmal eine ganze Woche lang. Bis ich langsam wieder voll im Yogi-I love myself- Lets do this and this and that- Film bin, oder direkt dem nächsten Trigger begegne und von neuem innerlich verrecke. Ich weiß es ist irrational, gar dramatisch. Immer wieder atme ich durch und denke "tapferes Mädchen du fühlst dich, du kannst jetzt loslassen von dem Schmerz. Eigentlich machst du doch gerade etwas Schönes, du brauchst das nicht mehr fühlen." Ja wenn das so einfach wäre. Wo eine hysterische Persönlichkeit kurz ins Bad geht, "Fick dich" in den Spielgel pfeift, das Gesicht mit kaltem Wasser abwäscht und adieu grässliches Gefühl sagt. Kann ich mir einen ganzen Eimer Wasser über den Kopf schütten und das Tag für Tag, die ganze Woche lang, und nach Außen hin sogar den Anschein machen als sei alles entspannt und ich würde dir gerade garnicht gerne den Kopf dafür abhacken, dass du nicht hundert Prozent present warst, als ich mit dir geredet habe. In mir drin jedoch brennt es, Alarmstufe rot, alle Synapsen sind hypersensibilisiert und meine Steuerung im Hirn kriegt den Feueralarm einfach nicht aus, obwohl unser Treffen jetzt schon drei Tage her ist. 

Seit langem kam Daddy mich besuchen am Montag, am selben Tag als die Band mich gekündigt hat. Ich voll verheult, falle ihm in die Arme. Er latent überfordert mit den vielen Tränen ("Meister im Verdrängen" trifft auf "feel more as you need to"). Und es geht wieder los. Sich sammeln. Pretend everything ok Matrix. Was bedeutet: Nach außen hin eine Säule des Gemeinwohls sein und innerlich alleine verkümmern. Wie eine ewige Spaltung, denn die Wirklichkeit kann ich doch keinem zumuten. Damit kann ja ich noch nichtmal umgehen und ich lerne seit fünfundzwanzig Jahren das Ross zu reiten. Was soll denn ein Verdrängen sagen, wenn ich ihm meinen Schmerz offenbare. Dann muss ich noch mit seiner Überforderung umgehen, die sich auch in meinem Wesen breitmacht. Ne lass mal. Ich habe also die schönsten Tage mit der Familie und sterbe den schmerzhaftesten Tod seit langem alleine in mir drin. Ganz einfach, gleichzeitig.

Wenn ich heute auf Fotos der vergangenen Tagen zurückblicke, sehe ich in meinem Gesicht das Lächeln des glücklichsten Menschen der Welt. Es ist verrückt, wo hab ich das gelernt? Also extremer könnte "The Gap" nicht sein. Flor (meine Therapeutin) sagt, das ist ganz gefährlich. So verdoppelt und dreifache sich der Schmerz. Aber ehrlich, ich habe es bereits versucht und es ist so schwer sich so sehen zu lassen, vor allem, weil es noch schwieriger wird wenn keiner damit umgehen kann. Ab ins verließ, wieder rauskommen, wenn gesellschaftsfähig. 

An alle Taxifahrer da draußen die jemals sagten: "Wie schönes Mädchen wie du nicht in einer Beziehung?" ...Bis meine Drachen dich fressen. Ich lerne ja sie zu lieben. Es dauert nur.

Biosous V


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